Martina Salzberg: POORTRAITS
Wir leben in einer Krisenzeit. Das macht vielen Menschen Angst. Künstlerinnen kennen das, denn Kunst und Krise liegen oft dicht beieinander.
Ich porträtiere Künstlerinnen über 65 Jahre, die mit ihrer Persönlichkeit und ihrem schöpferischen Tun die Welt reicher und schöner machen; gleichzeitig gehören genau sie zu einer Bevölkerungsgruppe, die, statistisch gesehen, in einer äußert prekäreren Lage lebt.
Der Titel POORTRAITS leitet sich von „poor“/ engl.: arm und „trait“/engl.: Wesens-, Charakter-, Gesichts- Zug, Merkmal ab. Der Befund und die Erfahrung von Krise setzen den Impuls, die persönliche Begegnung und Verbindung mit Künstlerinnen zu suchen.
Das Porträt entwickelt sich aus einer einzigen schwarzen Linie, einem fünf Meter langen Stoffband, deren Verlauf, unvorhersehbar und eindeutig zugleich, das Gesicht in seinen Wesenszügen und als Zeichen einfängt. Die Linie fixiert transparente Abschnitte und Reste aus Textil, die räumliche Präsenz andeuten und das Gelebte „auffächern”.
Für POORTRAITS suche ich die Begegnung und das Gespräch mit Künstlerinnen aus dem Bereich des bildenden und darstellenden Kunst. Im offenen Dialog über ihr Leben und ihre Kunst passiert ein intensives „Zwischen-den-Worten-sein” von drei Frauen: der Kunsthistorikerin Jenny Mues, der Künstlerin und mir. Hans Mitterer begleitet die Gespräche fotografisch und schafft die Grundlage für das spätere Portrait der Künstlerin. In kurzen Texten reflektiert Mues die Begegnung, das Werk der Künstlerinnen und die von mir geschaffenen Porträts. POORTRAITS ist eine Hommage an die Schaffenskraft der Frauen und ihre Wirkung in der (Kunst)Welt. POORTRAITS feiert die Künstlerin als Protagonistin und macht sie sichtbar. Es geht dabei um Verbindungen, über die unterschiedlichen Sparten der Kunst, über Generationen und Grenzen generell hinweg: frei nach Nina Hagen: United Women of the World,... come on unite...fighting for our family / dignity /right...we can stop this ugly fight...all for one and one for all…. Das Glück liegt in der Bereitschaft zur offenen Begegnung, der Vorstellung gemeinsam das Feld des „häßlichen Kampfes“ zu verlassen, sich stattdessen zu verbinden.
Bisher sind neun Porträts entstanden. Die Förderung im Rahmen von „Verbindungslinien 2024“ (Freistaat Bayern) und die Künstlerkontakte des BBK, der Kunstpastorale und des Paul-Klinger Künstlersozialwerks wirkten wie ein Mycel im fruchtbaren Boden und brachten die Künstlerinnenköpfe wie Pilze zum Vorschein.
Kunst.Andacht
So. 15.12. / 3. Advent
19.30 Uhr St. Paul, München
Martina Salzberg: Poortraits Künstlerinnen in textilen Portraits Texte von Jenny Mues gelesen von Monica Faber-Didczuhn und Franziska Bronnen.
Einführung Dr. Ulrich Schäfert.
Musikalische Gestaltung: Peter Gerhartz, Tasten, N.N., Cello.
*) Ziel des Projektes ist es auch, auf die dringende Notwendigkeit von Ausstellungsvergütungen für Künstler:innen aufmerksam zu machen